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Baustoffklassen

Was haben die Baustoffklassen mit dem Stadtbrand in Rom im Jahr 64 zu tun?

Um es vorwegzunehmen: die Baustoffklassen habe eine ganze Menge mit dem Stadtbrand in Rom unter Nero zu tun. Was genau? Haben Sie bitte noch einen Moment Geduld - wir kommen gleich zu dieser Frage.

Warum gibt es Baustoffklassen? Und warum sind sie wichtig? Um solche elementaren Fragen kreist dieser Beitrag zum Thema Baustoffklassen. Zunächst geht es also darum, die Idee hinter den Baustoffklassen zu verstehen. Um Sie nicht gleich abzuschrecken, werfen wir erst in einem nachfolgenden Beitrag einen Blick auf die rechtliche und normative Situation. Die ist leider teilweise etwas undurchsichtig. Aber es hilft ja nichts, geltendes Recht muss natürlich umgesetzt werden. Aber fangen wir langsam an.

Baustoffklassen.

Was erwartet Sie hier nicht?

Es geht hier nicht darum, die gefühlt tausendste Tabelle für die Baustoffklassen zu zeigen. Die finden Sie überall. Ich finde es interessanter, hinter diese Tabelle zu schauen. Zu erläutern, warum sie wertvoll ist. Natürlich finden Sie weiter unten dennoch die Tabelle mit den Baustoffklassen. Das gehört ja doch dazu. Übrigens hat das Kind mehrere Namen. Der Begriff Brandschutzklasse meint dasselbe wie Baustoffklasse.

Warum gibt es Baustoffklassen?

Wir widmen uns zunächst der Frage, warum es Baustoffklassen überhaupt gibt. Sie kennen vielleicht die häufig gestellte Frage, ob wir aus der Vergangenheit lernen können. Ja, das können wir! Zumindest was das Thema Baustoffklassen angeht. In der Antike und im Mittelalter haben Feuersbrünste viele europäische Städte verschlungen. Rom, Regensburg, Rotterdam - die Liste von Städtbränden ist lang. Heute ist es zum Glück anders. Größere Stadtbrände sind selten und oft eine Folge von Naturgewalten, wie zum Beispiel Erdbeben. Was hat sich geändert?

Früher lebten die Menschen in Häusern aus Holz und Stroh. Heute leben wir in Häusern mit festen Mauern und einer sogenannten harten Bedachung. Wir setzen also im Bauwesen Materialien ein, die nicht brennbar sind. Oder zumindest schlecht brennbar. Nicht überall und für jedes Bauteil, aber doch an den entscheidenden Punkten. Damit reduzieren wir das Risiko für Brände deutlich. Welche Baustoffe wir wählen, gehört zum sogenannten baulichen Brandschutz.

Der Nachteil ist wie so oft bei vorbeugenden Maßnahmen, dass sie kaum ins Bewusstsein rücken. Es ist so ähnlich wie bei Flugzeugpiloten. Die Presse jubelt über den Piloten, der das in Not geratene Flugzeug gerade noch mit einer Notlandung rettet. Niemand spricht über den bedachten Piloten, der Risiken nach Kräften vermeidet.

Wir wollen sicher leben. Dafür ist es ratsam, die Baustoffe zu unterscheiden. Die Geschichte lehrt uns, dass Stadtbrände gefährlich sind. Daher unterscheiden wir mit den Baustoffklassen, ob und wie der Baustoff brennt. Die Baustoffklassen sind also wichtig und es wert, dass wir sie uns genauer anschauen.

Brennbarkeit von Stoffen

Welche Stoffe brennen?

Wir wollen Brände vermeiden. Um dies zu erreichen, verbauen wir wenig brennbare Stoffe. Doch welche sind das? Ein brennbarer Stoff allein reicht natürlich nicht aus, um einen Brand auszulösen. Sonst stünde unsere Umwelt permanent in Flammen. Es gilt das sogenannte Verbrennungsdreieck. Ein Brand braucht neben einem brennbaren Stoff genügend Sauerstoff. Außerdem muss die Temperatur so hoch sein, dass sich der Stoff entzündet.

Die meisten organischen Verbindungen sind brennbar. Wir wollen nicht in die Chemie abdriften. Daher nur kurz der wesentliche Zusammenhang. Organische Verbindungen bestehen aus Kohlenstoff. Wenn ausreichend Sauerstoff vorhanden ist und die Zündtemperatur eines Stoffs erreicht ist, findet ein chemischer Vorgang statt. Der Kohlenstoff (C) verbindet sich mit dem Sauerstoff (O2) zu Kohlenstoffdioxid (CO2). Was sind organische Verbindungen? Fast alles, was uns in unserem Alltag umgibt:

Welche Stoffe brennen nicht?

Drehen wir die Frage gedanklich herum. Welche Stoffe sind können nicht entzündet werden und sind daher nicht brennbar? Wir haben oben gesehen, dass viele organische Stoffe brennen können. Umgekehrt sind die meisten anorganischen Stoffe nicht brennbar. Das sind Stoffe ohne Kohlenstoff. Einige Beispiele für anorganische und nicht brennbare Stoffe sind:

Gibt es Ausnahmen?

Die gibt es leider und das verkompliziert es. Sogar die meisten Metalle brennen. Einige davon können sich sogar selbst entzünden, wenn sie fein verteilt sind (wie zum Beispiel Stahlwolle). Manche Metalle brennen bei geringen Temperaturen, wie zum Beispiel Lithium. Deshalb ist es keine gute Idee, Akkus aus Lithium in die pralle Sonne zu legen. Ich empfehle Ihnen diesen Artikel, wenn Sie Metallbrände interessieren.

Gibt es auch schlecht brennende Stoffe?

Ja, die gibt es! Brandschützer sprechen von schwer entflammbaren Stoffen. Das sind Materialien, die nur brennen, wenn ihnen ein Brand direkt Energie zuführt. Daher brennen sie nicht selbstständig. Welche Materialien sind schwer entflammbar? Nachfolgend finden Sie einige Beispiele:

Gibt es Materialien, die besonders gut brennen?

Auch die gibt es und sie heißen leicht entzündlich. Zu dieser Gruppen gehören unter anderem die folgenden Materialien:

Welche Stoffe brennen normal?

Alles, was zwischen leicht entflammbar und schwer entflammbar liegt, bezeichnet der Brandschützer als normal entflammbar. Dazu gehören zum Beispiel die folgenden Stoffe:

Deutsche Baustoffklassen nach DIN 4102-1

All das, was wir oben genauer betrachtet haben, fasst die bisherige nationale Norm DIN 4102-1 zum "Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen" übersichtlich in folgender Tabelle zusammen. Nun kommt sie endlich doch, die oben angekündigte Tabelle. Weil die europäischen Normen allmählich die nationalen Normen ablösen, finden Sie in der Tabelle auch die Bezeichnungen nach DIN EN 13501-1 zur "Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten". Wie Sie sehen, gibt es in der europäische Norm mehr Klassen. Was ich hier nicht zeige, sind weitere Anforderungen der europäischen Norm an das sogenannte Abtropfverhalten der Baustoffe im Brandfall. Das wird in einem anderen Beitrag behandelt.

Bauaufsichtliche Bezeichnung nach DIBt Baustoffklassen nach DIN 4102-1 Euroklasse nach DIN EN 13501-1 Anforderung
Nicht brennbar A1 A1 kein Beitrag zum Brand
Nicht brennbar A2 A2 vernachlässigbarer Beitrag zum Brand
Schwer entflammbar B1 B sehr geringer Beitrag zum Brand
Schwer entflammbar B1 C geringer Beitrag zum Brand
Normal entflammbar B2 D hinnehmbarer Beitrag zum Brand
Normal entflammbar B2 E hinnehmbares Brandverhalten
Leicht entflammbar B3 F keine Anforderungen

Wo und wie werden die unterschiedlichen Materialien eingesetzt?

Das wäre der Traum eines jeden Brandschützers: wenn Bauherren zukünftig nur noch Baustoffe aus den beiden oberen Zeilen der Tabelle verbauen. Aber wer möchte in einem Haus wohnen, das ausschließlich aus nicht brennbaren Materialien besteht? Das wäre ein kühler Ort aus Stein und Beton.

Um nicht am Leben vorbei zu planen, sehen Brandschutzplaner daher entweder nicht brennbare Stoffe oder zumindest schwer entflammbare Stoffe vor. Je mehr Personen ein Gebäude nutzen, desto wichtiger wird der Brandschutz. Denn das Risiko für Brände und der mögliche Schaden steigt. Eine Vielzahl von speziellen Verordnungen regelt den Brandschutz in den öffentlichen Bereichen des Lebens, zum Beispiel:

Das sind Beispiele für sogenannte geregelte Sonderbauten. Es gibt auch ungeregelte Sonderbauten, für die Brandschutzplaner einen "Brandschutz nach Maß" in sogenannten Brandschutzkonzepten anfertigen. Als Beispiel gehen wir davon aus, dass wir als Brandschützer ein Hochhaus planen. In diesem Fall wäre die "passende" Richtlinie die sogenannte Hochhausrichtlinie. Etwas sperriger ist die offizielle Bezeichnung "Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern".

Allein in dieser Richtlinie finde ich 14 Textstellen, die das Brandverhalten von Baustoffen regeln. In Hochhäusern müssen zum Beispiel folgende Bauteile aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen: die tragenden und aussteifenden Bauteile (Stützen und Träger), raumabschließende Bauteile (Wände), das Dach sowie die Bodenbeläge in notwendigen Treppenräumen.

Den Sinn hinter diesen strengen Anforderungen erkennen Sie nun bestimmt. Falls es in einem Hochhaus brennt, dürfen die Stützen und Träger nicht versagen. Deswegen werden sie aus nicht brennbare Baustoffe gebaut. Ansonsten könnte das Hochhaus schnell einstürzen. Wie beim World Trade Center könnten dann sehr viele Menschen sterben. Die Nutzer des Hochhauses müssen es zudem sicher verlassen können. Dazu müssen die Fluchtwege frei von giftigem Rauch sein. Deswegen dürfen zum Beispiel die Bodenbeläge in den Fluchtwegen nur aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen.

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